Fasnachtsfeuer + Wittnau

Von Wittnau und seinen Fasnachtsfeuern von E. Beck, seit 1885 Lehrer im Dorf, hat im Eidgenössischen Nationalkaländer von 1924 berichtet. Wer den tieferen Sinn der Fastnachsfeuer verstehen will, muss ins graue Altertum zurückblicken. Unsere Voreltern, die rauflustigen Alemannen verehrten in ihrem manigfaltigen Aberglauben die Körpererscheinungen und Kräfte der Natur, welche sie personifizierten und als Ganz oder Halbgottheiten fürchteten. Jhre Opfer und Gebete galten der Abwehr der bösen Absichten dieser Geister. Zu den Sühne-Opfern gehörten die Frühlingsfeuer und Umzüge, welche zu ehren des Gottes Thor (Donar) und seiner Schwester Ostera, der Frühlingsgöttin, veranstaltet wurden. Nach der Christianisierung des Volkes durch den irischen Glaubensboten Fridolin (Säckingen) blieben manche heidnische Bräuche erhalten, bekamen aber christliche Bedeutung.
Die Frühlingsfeier wurde zur Auferstehungsfeier unseres Herrn Jesu Christ und erhielt den namen Ostern (Ostera) die Umzüge gestalteten sich Prozessionen (Bittgängen) die Feueropfer verlegte man in die Zeit der alten Fastnacht. Sie sollten den Anbruch des Frühlings verkünden. In diesem Sinne werden sie heute gefeiert, allerdings mit mehr vaterländischem Einschlag als früher.
Die Wittnauer Fasnachtsfeuer grüssen jeweils von den Abhängen des Homberges und Lindbergs, neuestens auch von der Homberger Schlossruine ins Tal hernieder. Man bildet Zeichen von Buchstaben, Zahlen, Wappen z.B. IHS, 1924. Am Abhange des Homberges leuchtende Jahreszahl und die am Gipfel prangenden Buchstaben I H S (Jesus Himmels-Sohn)Es sind die Schulknaben des Dorfes, welche diese Feuerzeichen mit viel Geduld hervorzaubern und erglänzen lassen. Fackelzüge von den Höhen ins Dorf kommen dazu. Die Jungen Ehemänner des vergangenen Jahres haben die ehre, das mit Oel getränkte Reis anzünden zu dürfen, nachdem die Bettzeitglocken verstummt und an Ort und Stelle gemeinsam ein Gebet verrichtet worden ist. Ihnen liegt auch die Pflicht ob, die auslagen für verwendetes Petrol und das nachfolgende Trünklein der Schulknaben zu decken.
Diese Fasnachtsfeuer beschäftigen die Knaben schon bald nach Neujahr. Sonntag um Sonntag sammeln sie dürre *Stauden in zwei Remisen. Sie teilen sich in zwei Parteien, die „Untern“ und die „Obern“ und eine sucht der anderen Vorteil des „Schöneren“ abzugewinnen, was nachträglich lärmenden Schulf-zenen führt, indem jede Partei gesiegt haben will. Eine mühsame Arbeit ist der Transport der gesammelten Stauden* an die von Holz freigelassenen Plätze der beiden Berg-hänge. Fuhrleute führen es in die mögliche Nähe, die Knaben tragen es schweisstriefend an die bezeichneten Stellen und werden so der Wahrheit inne: Das Feuer bringt Leben, das Feuer schafft Kraft.
Zum Schlusse sei noch erwähnt, dass die Wittnauer mit grosser Liebe ihrer angestammten Heimat zugetan sind. Leute die das Schicksal fortgeleitet hat, kehren zu gelegen Zeiten gerne wieder in ihre alte Heimat zurück. Wo sie in traulichen Gespräch mit Verwandten und Bekannten Erinnerungen aus jungen Tagen wachrufen und und neuen Mut schöpfen fürs irdische Dasein. Originaltext.
Was hat geändert: (bearbeitet K. Bischofsberger)
Nach dem zweiten Weltkrieg wurden je grosse Gerüste gebaut und mit Petrol-Fackeln „Fachteln“ konnten präzise Sujets oder Worte geschrieben werden.
* Stauden damit wurden Reisigwellen gemeint, in jedem Bauernhaus gab es früher einen Holzofen zum Backen von Brot. Diese Ofen wurden mit Reisigwellen aufgeheizt, die Ortsbürger erhielten als Anteil vom Wald eine Anzahl von Wellen (Bürdeli). Mit dem Einzug der Oelheizungen wurden immer weniger Wellen gebraucht und in den Häusern gelagert.
Die Jahreszahl im Unterdorf wird nach wie vor auf diese ursprüngliche Weise geschrieben, die notwendige Anzahl Wellen werden im Voraus mit Freiwilligen produziert und gelagert.